Von der arabischen Halbinsel bis in den Süden der Vereinigten Staaten leben mehr als eine Milliarde Menschen in Wüstenregionen und erleben extreme Temperaturen. In diesen Gebieten gibt es nur sehr wenig Niederschläge, jedoch regelmäßig Sandstürme. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Wüstenbewohner dafür Bautechniken entwickelt, die ihnen helfen, in diesem rauen Klima zu leben. Welches sind nun die ausgeklügelsten Beispiele moderner Architektur speziell für Dürregebiete?
Häuser in Wüstenregionen haben oft dicke Mauern, überdachte Terrassen, Innenhöfe und Stein- oder Fliesenböden. Vor der Erfindung moderner Klimaanlagen nutzten die Menschen in Zentralasien und auf der Arabischen Halbinsel Windtürme zur Kühlung ihrer Häuser. Nachhaltige Landschaftsgestaltung mit einheimischen, dürreresistenten Pflanzen trägt dazu bei, die Wasserspeicherung im Boden zu verbessern.
Im zwanzigsten Jahrhundert wurde die Architektur in Dürregebieten durch technische Innovationen und neue Materialien wie beschichtetes Glas verändert. Grauwasser-Recycling-Systeme, die Abwässer aus Duschen, Badewannen und Waschbecken für den Gebrauch in WCs und/oder Waschmaschinen sammeln, tragen dazu bei, die Belastung der örtlichen Wassereinzugsgebiete zu verringern. Diese Gemeinden könnten auch von der unerbittlichen Sonne profitieren: Wüsten sind die perfekten Orte zur Erzeugung von Sonnenenergie.
In einigen Wüsten erleben die Menschen Temperaturen von über 50 Grad Celsius. Und es wird zukünftig noch heißer werden, denn die Temperaturen steigen schneller als im globalen Durchschnitt und die Wüstenbildung schreitet rasch voran. Die Notwendigkeit, intelligente Gebäudelösungen für die schwierigen Bedingungen in Wüsten zu finden, wird daher nur noch dringlicher werden.
Die folgenden fünf Gebäude gehören zu den faszinierenden Meisterwerken der modernen Architektur in Dürregebieten.
King Abdullah Petroleum Studies and Research Centre (Riad, Saudi-Arabien)
Das futuristisch anmutende Zentrum mit seinen weißen, sechseckigen, prismaförmigen Wabenstrukturen, offiziell auch unter der Abkürzung KAPSARC bekannt, ist mehr als nur hübsch: Die verstorbene, preisgekrönte britisch-irakische Architektin Zaha Hadid sorgte dafür, dass das Gebäude so wenig Energie wie möglich verbraucht. Das passt zu seinem Zweck: nämlich Lösungen für die nachhaltige Energieversorgung der Erde zu finden und zu erforschen.
Das Design des 70.000 m² großen Campus mildert das grelle Licht und die sengende Hitze. Die Windfänger im Dach kühlen die Innenhöfe, indem sie den Wind aus dem Norden einfangen.
Black Desert House (Yucca Valley, USA)
Der ehemalige Besitzer dieser markanten schwarzen Villa, der Designer Marc Atlan, wollte ein Haus, das „wie ein Schatten“ aussieht. Hier, in der trockenen Landschaft der Mojave Wüste in der Nähe des Joshua-Tree-Nationalparks in Kalifornien, ist die Sonne oft so hell, dass Schatten eine willkommene Verschnaufpause für die Augen ist.
Das Architektenpaar Monica Oller und Tom Pejic entwarf vom Boden bis zur Decke reichende Fenster, um das Innere sehr hell zu gestalten und einen Panoramablick auf die großen braunen Felsen und die kargen Berge in der Ferne zu ermöglichen. Nachts verschmilzt das Haus vollständig mit der Dunkelheit und lässt dadurch das Strahlen der Sterne noch heller und deutlicher erscheinen.
Haus mit drei Gärten (Kuwait-Stadt, Kuwait)
Angesichts der außergewöhnlich langen und heißen kuwaitischen Sommer ist es keine Überraschung, dass die meisten Menschen im Golfstaat den Großteil des Jahres in ihren klimatisierten Häusern verbringen. Dies verbraucht zum einen jedoch viel Energie, und zum anderen wünschte sich die Familie, die hier lebt, mehr Zeit im Freien verbringen zu können.
AGi Architects fanden die ultimative architektonische Lösung für Wohnen in derart trockenen Regionen, als sie dieses bemerkenswerte Haus mit drei kaskadenförmig angelegten Innengärten – die unter anderem einen Pool und einen Springbrunnen,beherbergen – entwarfen. An heißen Sommertagen ist der Garten, der vier Meter unter dem Straßenniveau liegt, der kühlste Ort, während sich der Dachgarten als großartige Möglichkeit für die kühleren Sommernächte oder gar die Wintertage anbietet
Swartberg House (Wüste Karoo, Südafrika)
Die Besitzer dieses atemberaubenden weißen Wüstenhauses, der Verleger David Jenkins und die Gründerin von Openstudio Architects, Jennifer Beningfield, wollten eine engere Beziehung zur Natur.
Das Vier-Schlafzimmer-Haus am Fuße des Swartberg-Passes wurde mit traditionellen Materialien gebaut, wie zum Beispiel mit Ziegeln für die Steinfußböden, Kalkputz und weißen Keramikfliesen sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich. Die dicken Putzwände halten die Hitze ab, während die schmalen, unregelmäßig verteilten Lichtschächte raffinierte Lichtspiele erzeugen. Die Holzfensterläden schirmen die Hitze im Sommer zusätzlich ab, während die großen Lichtschächte im Winter die Ziegelböden erwärmen.
Museum für Islamische Kunst (Doha, Katar)
Dieses Museum, das auf einer kleinen, von Menschenhand geschaffenen Insel liegt, wurde 2008 eröffnet – und als Meisterwerk der Architektur in Dürregebieten ist es bereits eine Ikone. Der cremefarbene Kalksteinbau beherbergt eine der größten Sammlungen islamischer Kunst weltweit.
Der berühmte Architekt Ieoh Ming Pei war bereits 91 Jahre alt, als er gebeten wurde, aus dem Ruhestand zurückzukehren. Um sich inspirieren zu lassen, reiste Pei zunächst durch Afrika, Asien und Europa, und schaute sich die Höhepunkte der islamischen Architektur an.
Am meisten faszinierte ihn die Moschee von Ahmad Ibn Tulun in Kairo aus dem neunten Jahrhundert, die im fünfstöckigen Hauptgebäude und dem hohen, überkuppelten Atrium wiederzuerkennen ist. Die verwendeten Materialien mussten nicht nur für die große Hitze Katars, sondern auch für die Korrosion verursachende, salzhaltige Umgebung der Bucht von Doha gut geeignet sein.