Die Kathedrale Notre Dame in Paris wurde im April 2019 Opfer eines verheerenden Brandes. Der genaue Grund für das Feuer konnte nicht ermittelt werden, jedoch wurde ein Unfall als Ursache letztlich ausgeschlossen. Die Flammen zerstörten das Dach und den Kirchturm und beschädigten auch die Gewölbedecken und Fenster. Die laufenden Wiederaufbauarbeiten an der Kathedrale sind ein Beispiel für die positiven Veränderungen durch die Digitalisierung im Bauwesen.
Die römisch-katholische Kathedrale, die zu den schönsten Beispielen französischer Gotik gehört, wurde zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert erbaut. Im Laufe ihrer jahrhundertelangen Geschichte gab es viele verschiedene Architekten und Restauratoren, die dem Meisterwerk mit Hilfe von zu Papier gebrachten Plänen ihre Visionen einhauchten.
Zwar sind diese Dokumente nicht mehr verfügbar, doch zum Glück können die Architekten und Restauratoren der Kathedrale Notre Dame heutzutage ein weit besseres Werkzeug nutzen: die 3D-Digitalisierung.
Notre Dame de Paris: auferstanden aus der Asche
Zwischen 2014 und 2016 wurde Notre Dame von der Firma Art Graphique Patrimoine vollständig in 3D digitalisiert. Damit stand den Projektleitern der Baustelle nun ein außergewöhnliches Werkzeug zur Verfügung: denn dank des so erstellten Modells konnten die Architekten das durch das Feuer zerstörte Holzgerüst studieren und die Wiederaufbauarbeiten sehr detailliert simulieren.
Gemäß einer Vereinbarung mit der staatlichen Einrichtung, die für den Erhalt und die Restaurierung der Kathedrale zuständig ist, wurde von Autodesk France, einem führenden Anbieter von 3D-Design- und Engineering-Software, die offizielle Schirmherrschaft übernommen.
Das Ziel des Wiederaufbauprojekts ist ehrgeizig, aber eindeutig: nämlich BIM-Technologie (Building Information Modeling) und die dazugehörige Verwaltungs- und Datenaustausch-Software allen am Projekt Beteiligten zur Verfügung zu stellen
„Diese kollaborative und intelligente Arbeitsmethode ermöglicht es den Beteiligten auf der Baustelle, in Echtzeit von einer gemeinsam genutzten und skalierbaren 3D-Datenbank zu profitieren, die die umfangreichen Informationen zusammenführt, die für den reibungslosen Ablauf dieser Arbeiten erforderlich sind“, so die beiden Organisationen in einer im April veröffentlichten Erklärung.
Ziel ist es, allen am Wiederaufbau Beteiligten sechs Monate Zeit zu verschaffen.
Besser, schneller und kostengünstiger bauen und renovieren
Die beeindruckende Neugestaltung der Kathedrale Notre Dame ist kein Einzelfall mehr – denn auch zahlreiche andere können von dengleichen Vorteilen profitieren, wenn sie sich modernste Gebäudemodellierungs- und Designtechnologien zunutze machen.
Besser, da die über BIM-Objekte erstellten virtuellen Gebäudemodelle Analysen und Simulationen (Energie, Statik usw.), Kontrollen (Einhaltung von Normen, Budget usw.) und die Visualisierung des fertigen Produkts ermöglichen, noch bevor der Grundstein gelegt ist.
Schneller, da alle Elemente eines BIM-Modells miteinander interagieren. Konkret: Wird eine Wand verschoben, verschieben sich auch Fenster, Türen und Strukturen, die zu dieser Wand gehören.
Kostengünstiger, da die 3D-Modellierung geplanter Gebäude es ermöglicht, die finanzielle Machbarkeit eines Projekts und die Einhaltung von Fristen sehr früh zu überprüfen. Außerdem können sich die Projektleiter in Echtzeit einen Überblick über das Geschehen auf der Baustelle verschaffen, inklusive der Infos zu den Kosten, zur Interoperabilität zwischen den verschiedenen Gewerken, zum gemeinsamen Projektmanagement und zu Zeiteinsparungen.
Digitale Werkzeuge im Bausektor sind weit davon entfernt, Spielereien oder Gimmicks zu sein. Wenn wir in Zukunft von Bauen sprechen, reden wir eigentlich von digitalem Bauen.
Hätten sich die verheerenden Brände in der Zeit vor der Digitalisierung ereignet, wäre die weltberühmte Kathedrale von Notre Dame vielleicht in Vergessenheit geraten. Dank der zur Verfügung stehenden digitalen Innovationen und Lösungen kann Notre Dame jedoch eine Art Wiedergeburt erleben – und zwar besser, schneller und kostengünstiger, als dies früher möglich gewesen wäre.