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Die neue Normalität des Bauens: Fünf disruptive Entwicklungen im Fokus

Construction Crane, Building, Metropolis

Das Baugewerbe ist nach wie vor eine der am wenigsten digitalisierten Branchen weltweit. Der vergleichsweise geringe Digitalisierungsgrad in diesem Bereich ist einer der Gründe für Fehlentscheidungen und ineffiziente Prozesse, die die Kosten in die Höhe treiben und die Umwelt belasten. Budget- und Terminüberschreitungen sind im Baugewerbe fast schon die Norm. Laut McKinsey benötigt die Fertigstellung großer Projekte typischerweise 20 Prozent mehr Zeit als geplant und liegt bis zu 80 Prozent über dem Budget. Doch auch, wenn die Branche relativ langsam in Richtung „Industrie 4.0“ vorankommt, sind gewisse Fortschritte bei der Digitalisierung zu verzeichnen.

Die COVID-19-Pandemie dürfte die Debatte über Digitalisierung im Bauwesen weiter vorangetrieben haben, da sie viele Branchenführer dazu zwang, die bisherige Art und Weise des Bauens zu überdenken und zu reflektieren. Mithilfe von KI, Drohnen, 3D-Druck, Vorfertigung oder anderen Mitteln könnte die Automatisierung und Digitalisierung verschiedenster Prozesse somit eine neue Ära des Bauens einläuten. Doch wie werden die Auswirkungen der Pandemie in Kombination mit den neuesten Innovationen diese neue Ära gestalten? Wie wird die dadurch verursachte „neue Normalität“ des Bauens aussehen?

Von der Nachhaltigkeit bis hin zur Standardisierung haben wir fünf disruptive Entwicklungen im Bauwesen analysiert, die man im Blick behalten sollte.

1. Schnellerer Wandel in der Industrie

Es lässt sich nicht leugnen: Die Pandemie hat die Baubranche, ebenso wie viele andere, belastet. Ein Teil der Betriebe im Baugewerbe musste Umsatzeinbußen hinnehmen oder stellte im bisherigen Verlauf der Pandemie einen Teil seines Betriebes ein. Viele Experten glauben jedoch, dass es einen Silberstreif am Horizont gibt, da die Pandemie zugleich auch neue Impulse für eine technologische Weiterentwicklung von Bauprozessen setzt, die geeignet sind, bisher notorisch langsame Bauprozesse zu beschleunigen. Alle Beteiligten müssen sich aufgrund des so beschleunigten Wandels daher jetzt auf eine grundlegend andere neue Normalität und Veränderungen der gesamten Branche einstellen, rät ein neuer McKinsey-Bericht.

Zwar wird ein Großteil dieser Transformation durch die Digitalisierung und den technologischen Fortschritt vorangetrieben, doch das ist noch nicht alles. Der McKinsey-Bericht hebt ebenfalls hervor, dass alle Akteure, ob groß oder klein, eine bedeutende Umstrukturierung der gesamten Branche erleben werden. Erhöhte M&A-Aktivitäten und viele neue und interessante Start-ups, die in die Branche vordringen, werden die Anfänge dieser neuen Normalität im Bauwesen kennzeichnen.

Da sich neue, aufstrebende Firmen etablieren, müssen bestehende Unternehmen ihre Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen überdenken und sich neu erfinden, um wettbewerbsfähig und in der neuen Normalität relevant zu bleiben.

2. Nachhaltigkeit

Der niedrige Digitalisierungsgrad im Bausektor geht Hand in Hand mit dem schlechten Ruf der Branche in Sachen Nachhaltigkeit. Ineffiziente Bauprozesse sind sowohl ein Grund als auch eine Folge davon, dass der Bausektor zu den größten Umweltverschmutzern gehört: Obwohl die Schätzungen verschieden ausfallen, behaupten einige, dass die Branche für 23 Prozent der Luftverschmutzung, 50 Prozent der Kohlendioxidemissionen, 40 Prozent der Wasserverschmutzung und gut die Hälfte des Abfallaufkommens verantwortlich ist. Die Branchenführer sind sich darüber im Klaren, dass sich dies ändern muss.

Das Bauwesen steht erst am Anfang seiner nachhaltigen Entwicklung und hat noch einen langen Weg vor sich. Dennoch wird das zunehmende Aufkommen ökologischer Bestrebungen, die den Weg für grüne Innovationen ebnen, die Branche noch viele Jahrzehnte lang umwälzen.

Von der Planung bis zum Lieferkettenmanagement werden sich alle Phasen dieses komplexen Geschäftsbereichs weiter verändern – und zwar immer unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen der Gebäude während ihres gesamten Lebenszyklus. Weltweit strengere staatliche Vorschriften und Auflagen, fortschreitende Digitalisierung, effizientere Baustoffe und die Forderung der Verbraucher nach umweltfreundlicherem Verhalten werden diese Entwicklungen weiter vorantreiben.

3. Automatisierung von Arbeitsabläufen und Dienstleistungen

Die Automatisierung von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen wird wohl eine der umwälzendsten Begleiterscheinungen der fortschreitenden Digitalisierung im Bauwesen sein. Die Pandemie hat uns die Möglichkeiten nur klarer vor Augen geführt: Dank der zunehmenden Verbreitung von Technologien wie BIM, 3D-Druck, Robotern, Drohnen, KI und Analytik wird es möglich, einen immer größeren Anteil der Bauarbeiten außerhalb der Baustelle zu erledigen.

Die Automatisierung im Baubereich, der sich durch komplexe Kooperationen und Arbeitsabläufe auszeichnet, wird hauptsächlich in den drei nachstehenden Bereichen Chancen zur Veränderung bieten:

  1. Automatisierung von körperlicher Arbeit vor Ort
  2. Automatisierung der Produktion und Fertigung, (z. B. 3D-Druck von Gebäudeteilen in Fabriken)
  3. Automatisierung von Dienstleistungen und Managementabläufen, (z. B. Design, Planung oder Facility Management)

Insgesamt wird dadurch die Arbeit vor Ort reduziert und die Verwaltung wesentlich effizienter gestaltet.

4. Spezialisierung und Kundenorientierung


„Der Reichtum liegt in den Nischen“, behauptet ein bekanntes Marketingsprichwort. Mit der steigenden Nachfrage nach maßgeschneiderten Dienstleistungen und den gehobenen Ansprüchen unserer Zeit, bildet das Bauwesen keine Ausnahme. Für denjenigen Kundenkreis, der ein hohes Maß an Erfahrung schätzt, wird die neue Normalität im Bauwesen durch zunehmende Spezialisierung von Produkten und Dienstleistungen geprägt sein.

Während bisher eine „Winner-takes-all“-Situation die Märkte beherrschte, steigt derzeit die Nachfrage nach passgenauer Spezialisierung und Kompetenz. Unternehmen, die sich auf bestimmte Produkte und Segmente spezialisieren, wie beispielsweise luxuriöse Einfamilienhäuser, Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen oder verarbeitende Betriebe, werden ihre Gewinnmargen und Wettbewerbsvorteile verbessern. Ebenso können Unternehmen, die sich auf bestimmte Dienstleistungen und Produkte fokussiert haben, mit einem kleineren, aber treueren und regelmäßiger kaufenden Kundenstamm rechnen. Daher wird eine hohe Kundenorientierung ausschlaggebend für die Chancen derjenigen Unternehmen sein, die erfolgreich und profitabel bleiben wollen.

Die gute Nachricht ist, dass es dank neuer Aus- und Weiterbildungsverfahren und -möglichkeiten auch im Hinblick auf das Personal einfacher sein wird, sich zu qualifizieren und sich in neu entstehenden Teilbereichen zu spezialisieren, um der Nachfrage im Markt gerecht zu werden.

5. Globalisierung und Standardisierung

Die zunehmende Spezialisierung im Hinblick auf Produkte und Dienstleistungen bedeutet keineswegs, dass die Betriebe lokal begrenzt agieren und kleiner werden. Im Gegenteil: Mit einer konsolidierten Wertschöpfungskette, Automatisierung und globalisierten Verhaltenskodizes wird das Ökosystem Bau in der neuen Normalität internationaler denn je sein.

Als Reaktion auf die Herausforderungen des Klimawandels, im Gesundheitswesen und im Hinblick auf die Immobilienkrise wird es strengere internationale Gesetze, Vorschriften sowie Gesundheitsschutz– und Arbeitssicherheitsmaßnahmen geben. Vor allem in den Industrienationen sehen Regierungen und Verbände die Notwendigkeit, Bauvorschriften zu standardisieren und Zertifizierungs- und Genehmigungsverfahren für fabrikgefertigte Produkte zu schaffen, anstatt jede einzelne Produktionsanlage zu überprüfen.

Da Standardisierung zur neuen Normalität des Bauens wird, sinken die Markteintrittsbarrieren für global agierende Unternehmen. Mit wachsender Zahl an Kooperationsmöglichkeiten und innovativen Lieferketten bietet sich dem Baugewerbe zudem die Chance, tatsächlich international zu agieren.

Neue Normalität für nachhaltige Wachstumschancen

Dank all dieser Umwälzungen, die durch fortschreitende Technologien und eine sich verändernde Marktdynamik hervorgerufen werden, wird die neue Normalität des Bauens zweifellos weniger belastend für den Planeten und die Menschen sein – und sicherlich effizienter.

Mit digitalen, nachhaltigen und kundenorientierten Geschäftsstrategien werden zukunftsorientierte Unternehmen in der Lage sein, die Veränderungen für ihre weitere Entwicklung zu nutzen.

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